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Christophorus-Haus

Brookweg Oldenburg
Kirchengemeinde St.Marien
Bischöflich Münstersches Offizialat Vechta

Wettbewerb 2018:  1. Preis

Fertigstellung: 2021

OLB-Preis für Architektur und Ingenieurbau 2021:
2. Preis in der Kategorie Architektur und Städtebau

mit Horeis + Blatt Landschaftsarchitekten

Fotos:
1-11 Archimage, Meike Hansen
12-19 Olaf Mahlstedt

Städtebauliche Einbindung / Leitidee

Durch die städtebauliche Neuordnung auf dem ehemaligen Fliegerhorstgelände und dem Zukauf des nördlich angrenzenden Grundstücks ergab sich für die Kirchengemeinde St. Marien die Chance einer neuen Einbindung in das Quartier. Der geplanten Fuß- und Radwegeverbindung über das Grundstück der Kirchengemeinde kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu.

Das Pfarrheim und die Kita bilden in Verbindung mit den bestehenden Gebäuden ein Ensemble und umschließen einen neuen Außenraum als Zentrum der Gemeinde und öffentlichen Freiraum des Stadtteiles. In der Mitte dieses Raumes befindet sich der neue Gemeinde- und Stadtteilplatz, der unterschiedlichste Aufenthaltsqualitäten bietet. Alle Gemeindebauten sind von diesem Platz aus präsent und erlebbar. Durch den respektvollen Abstand zur Kirche eröffnet sich ein guter Blickwinkel auf das bedeutungsvolle Bauwerk, das 1958-60 in Anlehnung an eine alttestamentarische Tempelanlage von Gottfried Böhm entworfen wurde und als Synthese aus Tradition und Moderne gesehen werden kann. Klare geometrische Formen wie Quader und Kegel prägen dieses unverwechselbare Gebäude.

Der öffentliche Fuß- und Radweg führt diagonal über den Gemeindeplatz, der so zum Ort der Begegnung im Quartier wird und Raum für verschiedene Aktivitäten anbietet.

Erschließungskonzept

Die neue Planstraße auf dem Gebiet des ehemaligen Fliegerhorstes, in Verlängerung des Mittelweges, ermöglicht zukünftig die Erschließung mit dem Pkw auch von der Nordseite und schafft somit eine gute Anbindung für die neue Kindertagesstätte. Die notwendigen Pkw-Stellplätze werden im Eingangsbereich der Kita erstellt.Der neue Fuß- und Radweg bietet kurze Wege aus nördlicher und südlicher Richtung zum neuen, fast autofreien Gemeindeplatz. Lediglich einmal täglich wird der Platz zwecks Anlieferung der Kita mit dem Kleinbus befahren.Das neue Pfarrheim und der bestehende Kindergarten werden vom Platz aus erschlossen.Die bestehende Zuwegung vom Brookweg an der östlichen Grundstücksgrenze wird dem Spielpatz der bestehenden Kita zugeschlagen.Die Parkflächen am Brookweg sind vom Fuß- und Radweg getrennt. Eine separate Fahrgasse gewährleistet den sicheren Verkehrsfluss.

Gebäudetypologie und Grundrisskonzept

Die beiden neuen Baukörper ähneln sich in der äußeren Gebäudekubatur und Architektursprache. Sie sind als Kristalle im Stadtteilgefüge zu sehen und bilden durch ihre Position, Materialität und Farbwahl  ein Gesamtensemble mit Kirche und Bestandskita. Ausdrucksstarke Kubatur und reduzierte Materialität geben Pfarrheim und Kita in Verbindung mit zeitgenössischer Fassadengestaltung eine eigene Identität – ohne sich dabei aufzudrängen. Das Zusammenspiel von großflächigen Fensterflächen und geschlossenen Verblenderflächen betont die Kubatur. Die Farbe des Verblenders ist an die roten Verblender von Kirche und  Bestandskita angelehnt, dabei jedoch bewusst deutlich heller gewählt, sodass keine Konkurrenz zur Kirche entsteht, die Ensemblewirkung jedoch gestärkt wird.

Im Bereich der Haupteingänge beider Neubauten wird durch das Anheben der Trauflinie ein Hochpunkt geschaffen, welcher sich zum Bereich des Gemeindeplatzes orientiert bzw. zum öffentlichen Raum im Bereich der Kindertagesstätte. Der im Erdgeschoss formulierte Unterschnitt weist ebenfalls in Richtung Haupteingang und verleiht den Gebäuden Dynamik und Leichtigkeit.

Das Pfarrheim wird an der nordwestlichen Grundstücksecke vorgesehen und dabei so nah wie möglich an der westlichen Grenze positioniert. Für den Gemeindeplatz wird so eine deutliche Raumkante geschaffen. Die Wegeführung folgt dem leichten Anschnitt des Gebäudes und beansprucht nur einen geringen Teil der vorhandenen Spielplatzfläche im Innenhof.

Die Bibliothek ist durch ein großes Schaufenster im Obergeschoss bereits vom Platz und Weg aus erkennbar.

Der prägnante und charakteristische Eingang des Pfarrheimes erschließt das zweigeschossige Foyer mit angrenzender Cafeteria im Erdgeschoss. Dieses zentrale und lichtdurchflutete Foyer ist Dreh- und Angelpunkt des Gebäudes. Warme Materialien, das Spiel mit unterschiedlichen Lichteinfällen (vgl. Innenraumvisualisierung) und die zweigeschossige Luftigkeit laden den Besucher ein. So wird das Foyer zusammen mit Cafe, der Holztreppe mit Podest und der Galerie im Obergeschoss zum Ort der Begegnung – Blickbezüge zu Kirche und Platz sind dabei jederzeit gegeben.

Direkt angrenzend befindet sich der Gemeindesaal, welcher durch mobile Trennwände in drei Räume unterschiedlicher Größe teilbar ist. Der Gemeindesaal öffnet sich zum Begegnungsplatz in Richtung Osten auf gesamter Fassadenbreite. Außen- und Innenraum verschmelzen hier und verdeutlichen Transparenz und Offenheit. So wird die Gemeinde zum festen Bestandteil im Stadtteilleben.  Blickbeziehungen von innen nach außen oder umgekehrt ermöglichen den Austausch zwischen Gemeinde und Passanten. Über die Freitreppe oder den Aufzug werden die Gruppenräume und die Bibliothek im Obergeschoss erreicht. Eine Loggia mit Bezug zum Platz und zur Kita kann von Bibliotheksbesuchern oder für verschiedene Gruppenaktivitäten genutzt werden. Auf der von oben belichteten Galerie besteht die Möglichkeit eine Ausstellungsfläche für verschiedene Aktivitäten des Gemeindelebens zu installieren. So könnten hier z.B. Fotos oder Ergebnisse von Gruppenarbeiten zu Erstkommunion, Firmung oder Seniorenveranstaltungen präsentiert werden.

Die im Verblendmauerwerk perforierte, im offenen Verband gestaltete, schräg verlaufende Außenwand verleiht dem Foyer und Galeriebereich durch den diffusen Lichteinfall eine besondere Atmosphäre und nimmt Bezug auf Gestaltungselemente im Kirchenbau. Die St.Christophorus-Kirche ist hier als fragmentiertes Bild im Hintergrund präsent.

Die Innenraumgestaltung ist vorwiegend durch warme und natürliche Materialien geprägt. Fenster, Türen und Bodenbeläge sind in Holz, Wand- und Deckenflächen zurückhaltend weiß vorgesehen. Dazu soll eine warmweiße künstliche Beleuchtung installiert werden. Räume, Materialien und Beleuchtung lassen eine Atmosphäre entstehen, die zum Aufenthalt und Verweilen einlädt.
Das Pfarrheim kann so zum lebendigen Ort der Begegnung werden.

Die neue Kindertagesstätte wird als eingeschossiger Baukörper an der neuen Planstraße platziert. Über einen kleinen Vorplatz wird der signifikante Haupteingang erreicht. Die schräg verlaufende Eingangsfassade mit Unterschnitt verweist bereits auf eine dynamische Grundrissgestaltung der Kita. Durch den Unterschnitt wird zusätzlich ein überdachter und witterungsgeschützter Vorbereich geschaffen. Die nicht orthogonalen Wände im Eingangsbereich leiten den Besucher in die von oben belichtete Kita–Mitte, dem zentralen Verteiler. Von hier aus ist die Erschließung des Gebäudes klar ablesbar: der großzügige Spielflur, der sich von der Kita–Mitte zu beiden Seiten trichterartig verjüngt,  erschließt die Gruppen- und Nebenräume. Der Mehrzweckraum befindet sich in direkter Verlängerung des Einganges. Bereits beim Eintritt in das Gebäude wird der Blick bei geöffnetem Mehrzweckraum mit seinen großzügigen Fensterflächen direkt auf den gestalteten Außenbereich gelenkt.

Während die geöffnete mobile Trennwand Kita-Mitte, Mehrzweckraum und Spielflur zu einer großzügigen Fläche verschmelzen lässt, die bei größeren Veranstaltungen genutzt werden kann, ist der geschlossene Mehrzweckraum für Turnstunde und diverse Gruppenaktivitäten vorgesehen.

Die drei Gruppenräume und der Mehrzweckraum orientieren sich nach Südosten, um eine gute Tageslichtversorgung zu gewährleisten. Raumhohe Glasfassaden verbinden Innen- und Außenraum und durchfluten die Räume mit Licht.  Eine leichte, pergolenartige Holzkonstruktion bietet Sonnenschutz. Der Zugang in die Gruppenräume und zum Mehrzweckraum kann direkt von außen erfolgen. Zusätzlich ist auch die Erschließung des Sanitärraumes der Kindergartengruppe vom Außenbereich aus möglich. Die Ruheräume der Krippen sind mit direktem Sichtbezug zu den Gruppenräumen vorgesehen.  Durch die ansteigende Dachfläche ist die Anordnung einer Galerie als Spielempore in den Gruppenräumen möglich.
Oberhalb des Haupteingangs befindet sich der Technikraum.
Die Innenraumgestaltung der Kita ist, genauso wie im Pfarrheim, vorwiegend durch warme und natürliche Materialien geprägt, die mit weiß und ggf. einigen Akzentfarben kombiniert sind. Für Kinder, Personal und Eltern soll eine Wohlfühlatmosphäre entstehen.
Die Kita kann so zu einem lebendigen Ort des Lernens und des Miteinanders werden.

Konstruktion und Materialkonzept

Die Materialien der Neubauten sind nachhaltig und robust gewählt, um die Werthaltigkeit der Bauten auf lange Zeit zu gewährleisten. So sind die Gebäude in Massivbauweise mit mineralischer Dämmung und Verblendmauerwerk geplant. Die leicht geneigten Dachflächen werden als Holzkonstruktion ausgeführt. Die Dachflächen sind als Metalldeckung vorgesehen. Beispielsweise als Aluminiumdeckung mit warmem Farbton. Die Fenster werden als Holz-Aluminiumfenster mit einer Deckschale in einem warmen Eloxal-Farbton vorgeschlagen.Über die Lichtkuppeln ist sowohl der Einfall zusätzlichen Tageslichtes als auch eine Be- und Entlüftung möglich.
Die Material- und Farbwahl unterstützt die Entwurfsabsicht Gebäude mit Aufenthaltsqualität und Atmosphäre zu schaffen.

Freianlagen

Das zentrale Element des Entwurfes bildet der Gemeindeplatz. Durch seine Gliederung kann der Platz auf vielfältige Art genutzt oder bespielt werden. Er dient dabei als verbindendes Element zwischen den neuen und den vorhandenen Bauten.

Der Platz wird von Kirschbäumen und niedrigen immergrünen Hecken umsäumt. Auf der Nordseite des Platzes bildet eine Doppelreihe Kirschbäume die nördliche Platzkante. Darunter wird wassergebundene Wegedecke als offener, nutzbarer Belag vorgesehen. Die Stämme der Bäume erinnern an die Säulen eines Kreuzganges der um den Platz herum führt. Die Bäume werden von Bodenstrahler beleuchtet. In die Hecken integriert befinden sich auf den Platz ausgerichtete Sitzbänke. In der Nordostecke des Platzes befindet sich unter den Kirschbäumen ein Rückzugs- und Reflektionsort für die Besucher in Form eines sprudelnden Brunnens mit einer Eckbank.

Das verbindende Element des Entwurfes bildet der gepflasterte Erschließungsweg, der das neue Wohngebiet im Norden mit dem südlich verlaufenden Brookweg verbindet. Er ist in dem gleichen Material gepflastert wie der Platz, jedoch in einer anderen Verlegerichtung, damit der Weg hier eindeutig ablesbar ist. Diese Wegeverbindung ist nur für Radfahrer und Fußgänger vorgesehen.

Der Weg führt vom Brookweg westlich vorbei an der St. Christophorus Kirche zum neuen Pfarrheim. Auf der linken Seite der Wegeverbindung sind 23 KFZ-Stellplätze vorhanden, die neu verortet werden. Stellplatzzufahrt und Wegeverbindung werden von niedrigen immergrünen Hecken getrennt. Die Sakristei behält eine gepflasterte Vorzone, die sowohl Platz zum Ankommen als auch für Gespräche nach dem Gottesdienst gewährt.

Im weiteren Verlauf führt der Weg vorbei am Haupteingang des Pfarrheimes, bevor er auf den zentralen Gemeindeplatz mündet. Der westlich vorhandene Außenraum der Bestandskita wird dabei minimal tangiert zugunsten der neuen Nord-Süd-Verbindung und zugunsten der neuen Platzmitte.

Weiter in Richtung Norden verbindet der Erschließungsweg das geplante Pfarrheim mit dem Neubaugebiet. Die Anlieferung der Bestandskita erfolgt von Norden über diesen Teil der Wegeverbindung. An dieser Stelle führt der Weg vorbei am Gelände des ebenfalls neu geplanten Kita-Gebäudes. Auf dem Außengelände der neuen Kita wird das Thema der Weiden am Bachlauf aufgegriffen. Es befinden sich dort Weidenspielhütten und es gibt eine Kopfweidenpflanzung an dem Graben zwischen den Flurstücken des Pfarrheims und der Kita. Es sind zwei Sandspielflächen vorgesehen, jeweils einer für einen Ü3- und einen U3 Spielbereich. Die Gruppenräume haben direkten Zugang zum Außenbereich. Auf der Nordseite öffnet sich die Kita mit ihrem Haupteingang zur Straße. An der Straße befinden sich fünf KFZ-Stellplätze für die Kita. Fahrradbügel werden über das gesamte Gelände jeweils in der Nähe der unterschiedlichen Gebäudeeingänge angeordnet.

Der Vorplatz der St. Christophorus-Kirche wurde neu gestaltet und aufgewertet. An beiden Seiten des Kirchen-Vorbereiches sind leicht zurückliegende Hecken angeordnet. So wird  die Umfassungsmauer des Vorbereiches optisch freigestellt und tritt bewusst in den Vordergrund. Die Kirche kann dadurch vom Brookweg aus besser wahrgenommen werden.